Mit einem jungen Pferd beschäftigt man sich mit der Frage, wie bringe ich eigentlich Hilfen und Lektionen bei. Was meiner Philosophie entspricht, ist die Vorgehensweise nach dem „Alphabetprinzip“ von Dr. Thomas Ritter.
Er beschreibt das Alphabetprinzip in seinem Buch „Klassisches Reiten auf Grundlage der Biomechanik“. Wenn Kinder Lesen und Schreiben lernen, dann gab es zu seiner Schulzeit zwei mögliche Ansätze: Zum einen konnte man das Alphabet lernen, mit den Regeln der Orthografie, um aus den 26 Buchstaben des Alphabets eine unbegrenzte Anzahl an Wörtern bilden zu können. Zum anderen gab es die Ganzheitsmethode, bei der Kinder die Wörter als Einheit lernten. Man lernt dabei also sehr viele Wörter quasi auswendig.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf die Pferdeausbildung anwenden. Ich gebe dir ein Beispiel, das ich von vielen Schulpferden kenne: Die Vorhandwendung.
Ganz klassisch wird bei der Vorhandwendung auf den zweiten Hufschlag geritten, angehalten und dann gewendet bis man nach 180° wieder am Hufschlag steht. Das kommt daher, weil dies in Dressurprüfungen und Reitabzeichen so verlangt wird.
Aber könnt ihr auch nur einen Schritt die Vorhandwendung reiten oder nur 90° oder auch 360° und dass an jeder beliebigen Stelle in der Bahn? Viele Pferde reagieren hier erst einmal irritiert. Sie erkennen also das Wort „Vorhandwendung um 180° am Hufschlag“, aber sie können die einzelnen Buchstaben: Hinterhand weichen, Vorhand stehen lassen, leichte Stellung nicht verstehen.
Mit diesen Pferden ist es auch schwer bis unmöglich die Hinterhand im Schritt nach außen oder innen weichen zu lassen, da sie den Buchstaben „Hinterhand weichen“ nicht kennen.
Wie kommt man aber nun zu einem Pferd, dass nicht nur die einzelnen Wörter (=Lektionen) auswendig lernt, sondern das Alphabet der Hilfen versteht?
„Fördern Sie das Verständnis Ihres Pferdes, indem Sie die elementaren Bausteine in immer wieder neuen Kombinationen und auf unterschiedlichen Linien sowie an verschiedenen Punkten reiten. Vermeiden Sie gedankenlose Wiederholungen.“
Dr. Thomas Ritter – Klassisches Reiten auf Grundlage der Biomechanik