Mach ich zu viel? Mach ich zu wenig? Was ist denn nun richtig für mich und mein Pferd?
Ganz ehrlich, die Antwort darauf ist gar nicht so einfach zu finden und man täuscht sich schneller als man denkt.
Aber lass es uns trotzdem versuchen zumindest einige Anhaltspunkte zu finden.
Wie funktioniert Training?
Hast du dich schon mal damit beschäftigt, warum Training funktioniert und was das eigentlich mit dem Körper deines Pferdes oder auch mit deinem eigenen Körper macht?
Starten wir also mit einer beliebigen Ausgangslage. Das kann das Hochleistungspferd genauso wie ein direkt aus der Boxenruhe kommendes Reha-Pferd sein. Die Ausgangslage ist also völlig individuell.
Das erste was auffällt ist, beim Nichts tun behält mein Pferd seine Leistungsfähigkeit nicht. Die Leistungsfähigkeit sinkt ohne Training langsam auf den Erhaltungszustand.
In der Grafik oben wird nun aber ein überschwelliger Trainingsreiz gesetzt. Durch diese Belastung sinkt die Leistungsfähigkeit des Pferdes deutlich. Der Körper ist erstmal erschöpft, aber regeneriert sich in den nächsten Stunden bzw. Tagen wieder.
Was dann erfolgt, ist die Superkompensation. Der Pferdekörper will auf derartige Anstrengungen besser vorbereitet sein und passt sich an (grüner Balken). Wir kommen also über unsere Ausgangssituation (blauer Balken). Der Körper hat sich also vollständig erholt und sogar noch etwas mehr aufgebaut.
Haben wir das erreicht, wäre der ideale Zeitpunkt den nächsten Trainingsreiz zu setzen.
So viel also zum Idealzustand.
Was passiert, wenn ich überfordere?
Dazu gibt es zwei Szenarien:
a) Wir trainieren zu früh wieder, noch während der Regeneration.
b) Wir überfordern das Pferd durch zu hohen Trainingsreiz.
In beiden Fällen steigt das Verletzungsrisiko stark an. Eine Superkompensation findet nicht oder nur eingeschränkt statt. Im besten Fall stagniert mein Training, meist sinkt aber die Leistungsfähigkeit meines Pferdes deutlich und im schlimmsten Fall gefährde ich dessen Gesundheit.
So die Angst vor zu viel trainieren und den eben angesprochenen Folgen, führt aber dazu, dass viele Pferdemenschen im Freizeit-Bereich ihr Pferd unterfordern.
Was passiert, wenn ich unterfordere?
Schau nach oben in die Grafik, was passiert, wenn man den Trainingsreiz weglässt oder sehr niederschwellig wählt?
Richtig, es geht langsam aber stetig bergab.
Die Leistungsfähigkeit des Pferdes und damit auch dessen Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse nimmt ab. Folge sind oft Stoffwechselbeschwerden, Trageerschöpfung, Übergewicht und Verschleiß des passiven Bewegungsapparats (Knochen, Sehnen, Bänder).
Das Lauftier Pferd hat sich ja mal an rund 16-30 km am Tag angepasst. Keines unserer Pferde tut das heute noch, Paddock Trail hin, Aktivstall her.
Also Unterforderung ist genauso schlimm wie Überforderung im Training.
Wie finde ich jetzt also den richtigen Trainingsreiz?
Beobachte dein Pferd
Zeigt es erste Anzeichen von Ermüdung während eures Trainings?
–> Wenn ja, gut dann ist ein guter Punkt, um in die Erholungsphase zu gehen und dann Feierabend zu machen.
Nach dem Training ist dein Pferd deutlich entspannter als zuvor?
–> Offensichtlich hast du es mental oder körperlich ausgelastet.
Ist es nach einem Tag Pause oder besser leichterer Arbeit steif?
–> Tritt dies regelmäßig auf, dann benötigt dein Pferd mehr Regeneration als 48h. Dies kann für einige Formen des Trainings notwendig sein, aber tritt dies nach 72h Regeneration auf, ist der Reiz zu hoch.
–> Achtung: Regeneration heißt nicht Stehen!
Kommt es nach dem Training nur langsam zur Ruhe und die Atmung normalisiert sich erst nach mehr als 10min?
–> Entweder dein Trainingsreiz ist deutlich zu hoch oder dein Pferd sollte vom Tierarzt durchgecheckt werden.
So was nun aber bei Unterforderung?
Unterforderung ist gar nicht so einfach zu erkennen. Aber hier mal ein paar Indizien:
- Du kannst dich nicht mehr daran erinnern, wann dein Pferd beim Training mal ins Schwitzen gekommen ist oder auch nur leicht feucht wurde.
- Dein Pferd hat einen Weidebauch und keine Diät hilft. Dabei ist der Rücken vor allem im Bereich von Widerrist und Lende sehr schmal und eher spitz ausgeprägt.
- Dein Pferd ist eigentlich immer brav und entspannt. Ihr seid eigentlich nie anderer Meinung, was man nun jetzt tun sollte.
Keines dieser Kriterien ist wirklich scharf und darf isoliert betrachtet werden, aber es sind Anhaltspunkte.
Leider ist gerade bei den Freizeitreitern das Phänomen Unterforderung deutlich häufiger zu finden als adäquates Training oder gar Überforderung. Doch auch ein Freizeitpferd, selbst wenn es nicht geritten wird, benötigt gutes Training, um lange gesund zu bleiben.
Was helfen kann, sind Training unter Pulsmessung und konkrete Unterstützung von außen durch einen Trainer beim Erstellen eines Trainingsplans.
Zum Abschluss noch eine kleine Blickschulung. Keines der Pferde kenne ich persönlich, aber eines von beiden zeigt Anzeichen für Unterforderung. Weißt du, welches?
Ob du nun über- oder unterforderst oder voll ins Schwarze triffst, bei deiner Trainingsgestaltung, kann ich dir mit einem Blog-Beitrag natürlich nicht sagen, aber ich hoffe, ich habe dir ein paar Anregungen gegeben, wie du selbst erkennen kannst, wo ihr steht.